Seit zwei Jahren veranstaltet das Bürgerforum Cottbus die sogenannten Stadtgespräche und Themenabende. Seit Januar 2024 finden diese regelmäßig im City-Saal statt; mittlerweile wurden 17 Veranstaltungen abgehalten. Ziel ist es, interessierten Bürgerinnen und Bürgern einen offenen Raum für Diskussionen zu Politik, Kultur und Wirtschaft zu bieten. Kurze Impulsvorträge konträrer Sichtweisen bilden die Grundlage für anschließende Debatten. Die Themenpalette reicht von der Cottbuser Garagenthematik über Bildung und Net-Zero-Valley bis hin zu Medienfragen.
Neben den Stadtgesprächen gab es auch Themenabende mit Vorträgen wie zuletzt von Joana Cotar über das Parteiensystem oder einem Vertreter der Sorben zu Minderheitenrechten in der Lausitz.
Der City-Saal gehört den Stadtwerken Cottbus GmbH, einem Eigenbetrieb der Stadt. Doch künftig sollen hier keine Veranstaltungen des Bürgerforums und anderen externen Veranstaltern mehr stattfinden.
Geplant war ein Vortrag des Journalisten und Autors Partik Baab im Januar 2026 – die Raumreservierung wurde jedoch abgesagt. In dem Absageschreiben der Stadtwerke heißt es, dass nach einer Vermietung an die ESN-Fraktion des EU-Parlaments eine SPD-Bundestagsabgeordnete eine Diskussion über die Vermietungsgrundsätze angestoßen habe. Die ESN-Fraktion ist im Europäischen Parlament die stärkste AfD-nahe Gruppe. Eingeladen hatte Jean-Pascal Hohm, AfD-Landtagsabgeordneter und Vorstand der neu gegründeten AfD-Jugendorganisation „Generation Deutschland“.
Interne Quellen nennen als initiierende Abgeordnete Maja Wallstein (SPD), die neben ihrem Bundestagsmandat auch einen Sitz in der Stadtverordnetenversammlung Cottbus innehat. Wallstein verlor bei der Bundestagswahl 2025 im Wahlkreis Cottbus – Spree-Neiße deutlich hinter Lars Schieske (AfD) mit 18,7 % Abstand, zog aber über einen Listenplatz in den Bundestag ein.
Die Forderung an die Stadtwerke lauten: „Künftig soll vor Vertragsschluss eine ideologische Unbedenklichkeitsprüfung des Mietinteressenten und der Veranstaltung erfolgen; entsprechende Mietvertragsklauseln werden erarbeitet.“
Bisher verliefen alle Veranstaltungen reibungslos, betonen die Stadtwerke, die jedoch ihr Kerngeschäft nicht in der Politik sehen und möglichen Schaden vermeiden wollen.
Konsequenz:
„Wir haben uns entschieden, den City-Saal künftig nicht länger an unternehmensfremde Personen und Organisationen zu vermieten.“
SPD-intern herrscht anscheinend Uneinigkeit über Wallsteins Vorgehen.
Oberbürgermeister Tobias Schick (SPD) war selbst Gast bei Bürgerforum-Veranstaltungen und hatte sich für die Raumvergabe eingesetzt. Auch Gunnar Kurth, ein weiterer kommunaler SPD-Vertreter, war mehrfach Gast.
Auffällig ist, dass Wallstein ihr Anliegen über den Bundestag an die Stadtwerke weiterleitete, statt wie üblich den kommunalen Weg über das Stadtparlament zu wählen. Dies könnte an fehlender Unterstützung ihrer Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung liegen – oder daran, dass sie mit Schreiben aus Berlin mehr Wirkung erwartete.
Am Freitag d. 05.12.2025 steht das Thema auf der Tagesordnung der Aufsichtsratssitzung der Stadtwerke.
Ein Sprecher des Bürgerforums betonte: „Egal wie sich die Situation entwickelt, Patrik Baab wird am 16.01.26 in Cottbus seinen Vortrag halten. Ob im City-Saal oder einer anderen Lokalität spielt keine Rolle.
(sl)
Ein Beitrag der Mittelstandsinitiative Brandenburg
Update/Nachtrag:
"Die Stadtwerke kündigten an:" wurde zu "Die Forderungen an die Stadtwerke lauten" geändert. Im Original Schreiben sind die Forderungen nicht als Zitat Dritter gekennzeichnet und lassen so mehrere Interpretationen zu.
Nach aktuellen Informationen sind dies die Forderungen der Bundestagsabgeordneten, auf welche die Stadtwerke nicht eingehen wollen.